
Eigentlich sollte die Schlüsselübergabe so ablaufen wie immer, jedoch mit zwei Änderungen. Die Zeremonie fand auf dem Marktplatz statt und in diesem Jahr sollte sich kein Prinzenpaar finden. Ohne Argwohn fand die Gilde sich an der Wohnung des immer noch amtierenden Prinzen Tobias I. Und ein langer Zug, angeführt vom Dorfbüttel und den Musikfreunden maschierten die Garden, die Frauenelferäte, der Prinz und die Elferräte zum Marktplatz, auf dem schon ein aufgeregter Bürgermeister, Alexander Knahn, auf der aufgebauten Bühne stand. Endlich sollte die erste Schlüsselübergabe von ihm stattfinden, nachdem sie bereits zweimal wegen der Pandemie ausfallen musste.
Auch Vorsitender Michael Thiele war aufgeregt, wie er in seiner Begrüßung bemerkte. Denn schließlich war es auch seine erste Schlüsselübergabe als erster Vorstand. „…der Bürgermeister und ich sind die zwei Neue heute auf der Bühne“ seine Worte.
Für Tobias I. war es da einfacher als „alter“ Hase zeigte er keine Aufregung, hatte er doch einen Rekord zu vermelden. Ganze drei Jahre war er der Prinz in Höchberg gewesen, so lange wie noch keiner vor ihm, so fiel es ihm schwer, seine Insignien der Macht abzugeben. Dorfbüttel Michael Kiesel forderte nun im Namen der Gilde vom Bürgermeister die Herausgabe der Gemeindekasse und des Rathausschlüssels. Doch anders als dessen Vorgänger Peter Stichler, der immer bereitwillig Rathausschlüssel und Kasse herausgegeben hatte, zierte sich Knahn. Er wollte die Gemeindekasse nur an das neue Prinzenpaar herausgeben. Für ihn war es unvorstellbar, bei seiner esten Schlüsselübergabe die Machtübergabe nicht an ein neues Prinzenpaar weiterzugeben. Er gab aber der Gilde die Chance, sollte in den nächsten Minuten ein Prinzenpaar gefunden sein, wäre er zur Schlüsselübergabe bereit. Trotz kleiner Scharmützel blieb Bürgermeister Knahn standhaft und rückte den Rathausschlüssel nicht raus.
Da war guter Rat teuer, denn in diesem Jahr war es der Gilde nicht gelungen, ein neues Prinzenpaar zu finden. Also fragte Dorfbüttel Michael Kiesel ins Publikum, ob sich denn nicht noch jemand finden ließe, der das Amt des Faschingsprinzen und der Prinzessin übernehmen wollte. Da meldete sich ein älteres Ehepaar, das den meisten Höchbergern aus dem Fasching schon lange bekannt ist, „Vroni und Schorsch“. Mit ihren Scherzen auf der Bühne sorgen sie regelmäßig für Schenkelklopfer und Lachsalven. Nun also Prinzenpaar in Höchberg als „Schorsch I. und Vroni I.“ Bürgermeister Knahn musste also doch Schlüssel und Kasse herausgeben, nachdem sich ein Paar gefunden hatte, das die Fahnen des Faschings hochhält.
Wiltrud und Bernd Wilhelm, wie sie im wirklichen Leben heißen, waren bereits 1986 das Höchberger Prinzenpaar, jetzt kehren sie unter ihrem Pseudonym zurück, denn normalerweise sehen die Statuten der Höchberger Faschingsgilde nur ein einmaliges Leben als Prinz und Prinzessin vor. „Wir sind total geflasht“, äußerte sich Vroni – und nicht Veronika, wie sie Knahn immer scherzhaft nannte, an das närrische Volk. Beide wollen ihr Bestes geben, damit der Höchberger Fasching auch 2022/23 ein voller Erfolg wird. Es ist übrigens nur ein Gerücht, dass mit Rücksicht auf das Alter des neuen Prinzenpaares in diesem Jahr nur drei Prunksitzungen in Höchberg stattfinden. Das ist vielmehr der kurzen Saison geschuldet.
Bilder: M. Ernst